Mittwoch, 17. März 2010

Will man die FDP und Guido kaputt schreiben?

Heute zitiere ich einen Artikel von David Harnasch aus dem Cicero:

14.03.2010
Volkssport Guidobashing
von David Harnasch

Seit Wochen tobt die Debatte um Außenminister Guido Westerwelle, es ist inzwischen fast schon zum Volkssport geworden gegen den Außenminister zu schießen. Bei aller Kritik vergessen Opposition und Medien aber ihre tatsächlichen Aufgaben, befindet David Harnasch. Eine kritische Auseinandersetzung.

Eigentlich sind dies traumhafte Tage für die Opposition: Vor der Landtagswahl in NRW zeigt sich die Regierung plan- und führungslos und ist außerstande auch nur zu einer der drängenden Fragen der Zeit eine klare Linie zu finden und mit einer Stimme zu sprechen. Doch statt dringend nötige inhaltliche Kritik zu üben, schießen sich SPD, Linke und Grüne auf die Person des Außenministers ein. Es wäre Aufgabe der Medien, diese Debatte um Fakten zu bereichern und sie damit zwangsläufig zu entschärfen. Doch die plappernde Kaste spielt stattdessen begeistert mit beim Volkssport Guidobashing.
Dabei sind die Vorwürfe, die der FDP und ihrem Vorsitzenden um die Ohren geschlagen werden, in Wirklichkeit lächerlich:

„Die FDP betreibt Klientelpolitik!“ Na hoffentlich! Eine Partei, die das nicht täte, müsste sich vorwerfen lassen, im Wahlkampf gelogen zu haben. Hartz-4-Empfänger wählen die Linke, Windmüller die Grünen, Gewerkschafter die SPD, Landwirte die CDU und Ärzte und Hoteliers die FDP. Und sie alle dürfen davon ausgehen, dass „ihre“ Parteien keine Politik gegen sie machen werden. Die Idee, es gäbe ein großes, einfach zu definierendes Volkswohl, das über Partikularinteressen stehen sollte, ist sehr deutsch und sehr geistfeindlich. Kein Amerikaner käme auf so einen Gedanken. Selbstverständlich hat ein niedergelassener homosexueller Orthopäde ganz andere Erwartungen an die Politik als ein verheirateter Betriebsrat in der Elektroindustrie mit fünf Kindern.

„Die FDP ist käuflich!“ Nicht mehr oder weniger als alle anderen Parteien. Niemand behauptete jemals, die Finck-Spende sei falsch deklariert oder sonst irgendwie illegal verbucht worden. Da alle Parteien dieselben Gesetze zur Finanzierung auf exakt dieselbe Art ausnutzen, ist die politische Kritik hieran grotesk. Wer derart tief im Glashaus sitzt, wie Gabriel und Künast, dem ist zur Bescheidenheit zu raten. Dass die fest am staatlichen Tropf hängende Solar- und Windenergiewirtschaft den Grünen in enger Sympathie zugetan ist, wurde ihnen jedenfalls nicht als Beinahe-Korruption ausgelegt. Vielleicht auch, weil ihre politischen Gegner sich einfach nicht auf dieses Niveau begeben wollten. Kritik am Parteiengesetz ist sinnvoll und hochwillkommen. Sie sollte aber eher von den Medien kommen, als von Gesine Lötzsch, deren Partei noch heute gut vom Tafelsilber der DDR lebt.

„Westerwelle betreibt Günstlingswirtschaft!“ Wie jeder bisherige Außenminister lässt sich auch Westerwelle auf manchen Reisen von einer Entourage von Wirtschaftsvertretern begleiten. Einige sind Spender der FDP, andere stehen ihr politisch nahe. Es dürfte allerdings schwierig sein, das bei der Zusammenstellung zu vermeiden, erfreuen sich die Liberalen doch generell recht hoher Beliebtheit in der Wirtschaft. Vermutlich hätte Westerwelle statt Leuten die er kennt, schätzt und mit denen er arbeiten kann, auf eigene Kosten zwanzig Hartz-4-Empfänger nach Südamerika mitnehmen müssen. Und selbst dann würde ihm wahrscheinlich vorgeworfen, diese armen Menschen zu instrumentalisieren.

„Westerwelle vermischt private und dienstliche Interessen!“ Selbst wenn Michael Mronz die Reisen an der Seite seines Lebensgefährten geschäftlich nutzen würde, wäre dagegen nichts einzuwenden. Für seine Anwesenheit fließt kein einziger Cent Steuergeld. Man wirft Westerwelle also nicht vor, dass er homosexuell ist, sondern dass sein Lebensgefährte sich erfrecht, wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Auch im Interesse künftiger Generationen von Politikergattinnen, die sich mit einer Rolle als Heimchen am Herd und auf Charity-Veranstaltungen nicht begnügen wollen, sollte Mronz weiterhin sichtbar an der Seite seines Partners stehen, auf dass sich die Öffentlichkeit an den Anblick gewöhnt. Doris Schröder-Köpf, die als politische Journalistin auf nichts mehr angewiesen ist als auf ein gut gepflegtes Adressbuch wurde von ihren Kollegen seltsamerweise geschont.

Jan Fleischhauer bringt die Absurditiät der Debatte in einem Tweet auf den Punkt „Jetzt auch das noch: Guido Westerwelle hat FDP gewählt. Langsam wird es eng für den Außenminister.“